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Datum: 02.10.2021

Verleihung der Stadtplakette sowie des Ehrenbürgerrechts der Stadt Plauen am 1. Oktober 2021Laudationes auf Stadtplakettenträger Steffen Marquardt und Ehrenbürger Gert Müller

+++SPERRFRIST VERANSTALTUNGSENDE++++
Bei der heutigen (1. Oktober 2021) Festveranstaltung in der Galerie des Malzhauses überreicht Oberbürgermeister Steffen Zenner eine Stadtplakette der Stadt Plauen an Steffen Marquardt. Gert Müller erhält das Ehrenbürgerrecht.

Der Stadtrat der Stadt Plauen hat in nichtöffentlicher Sitzung am 13. Juli die Auszeichnungen von Gert Müller mit der höchsten Ehrung der Stadt, der Ehrenbürgerschaft, und von Steffen Marquardt mit der Stadtplakette der Stadt Plauen beschlossen. Wie immer hatten die Fraktionen ihre Vorschläge Anfang des Jahres eingereicht. Nach Vorberatung in den Fraktionen und anschließend im Verwaltungsausschuss traf letzten Endes der Stadtrat die Entscheidung, wie es die entsprechende Satzung über die Ehrung verdienter Persönlichkeiten vorsieht. Notwendig für den Beschluss ist die Zustimmung von zwei Dritteln der anwesenden Stadträte.

Die Stadtplakette wird seit 1996 verliehen. Insgesamt haben bislang 67 Bürger eine hohe Auszeichnung der Stadt Plauen erhalten, darunter wurde sieben Mal die Ehrenbürgerschaft verliehen. In diesem Jahr wächst die Zahl der Geehrten auf insgesamt 69.
Persönlichkeiten, die sich in besonderem Maße um die Entwicklung der Stadt Plauen, deren Ansehen oder das Wohl ihrer Bürger verdient gemacht haben oder dafür tätig gewesen sind, kann die Stadtplakette der Stadt Plauen verliehen werden. Die Modalitäten sind geregelt in der »Satzung über die Ehrung verdienter Persönlichkeiten durch die Stadt Plauen«. Vorschlagsberechtigt für Ehrungen nach dieser Satzung sind der Oberbürgermeister und die Stadtratsfraktionen. Über die Verleihung der Ehrungen entscheidet der Stadtrat in nichtöffentlicher Sitzung. Die Beschlüsse bedürfen einer Mehrheit von zwei Dritteln aller anwesenden Mitglieder.
Im Folgenden sind die Laudationes zu lesen.

Es gilt das gesprochene Wort.

Laudatio auf Steffen Marquardt

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Steffen Marquardt,
sehr geehrte Damen und Herren,

in diesem Jahr wird die Auszeichnung mit der Stadtplakette der Stadt Plauen einem Menschen zuteil, der mit dem Motto »Optimismus ist die einzige vernünftige Alternative« nach einem schweren Schlaganfall sein Leben neu gestalten musste und dabei eine neue Lebensaufgabe fand: Steffen Marquardt.
Steffen Marquardt, Jahrgang '62, ist seit 2012 Vorsitzender des Vital-Vereins. Der Verein ist Ansprechpartner für Menschen mit einer erworbenen Hirnschädigung sowie deren Angehörige. Steffen M. selbst hat dieser Schicksalsschlag ereilt.

Im Plauen aufgewachsen erlernte er den Beruf eines Facharbeiters für Wärmekraftanlagen. Neben seiner beruflichen Tätigkeit war Steffen Marquardt in der Gewerkschaft Bau Holz sehr aktiv und setzte sich für seine Kolleginnen und Kollegen ein. Auf Grund seiner Anerkennung und Einsatzes war er bis zur Wende stellvertretender Leiter der Gewerkschaft Bau Holz in Plauen. Danach musste sich Steffen Marquardt beruflich neu orientieren.
Dabei half ihm sein größtes Hobby, die Musik, die ihn schon seit seiner Jugend begleitete. So legte Steffen Marquardt als DJ u.a. in der Ranch auf, wo er viele Leute begeisterte, die ihn heute noch kennen. Meistens unter seinen Spitznamen Margy. Auch mit eigenen Konzerten war er viel unterwegs. Auf seiner Website sind noch heute einige Titel von ihm zu hören, und es lohnt sich, mal reinzuhören.

Dann kam der Tag, der 2. Mai 2004, der das Leben von Steffen Marquardt komplett änderte. Nach einem schweren Schlaganfall lag er mehrere Wochen im Wachkoma. Ein Schicksal, dass in
Deutschland jährlich rund 14.000 Menschen ereilt. Von heute auf morgen ist man plötzlich auf fremde Hilfe angewiesen, muss man je nach Schwere des Schlaganfalls Sprechen, Laufen, Essen usw. erst wieder neu erlernen.
Für Steffen Marquardt folgte eine Zeit, in der es nach gesundheitlichen Fortschritten Rückschläge gab. Doch nach anfänglichen Zweifeln über die Sinnhaftigkeit seines Lebens erwachte bei Steffen Marquardt wieder Lebensmut. Viel Unterstützung erhielt er in dieser Zeit von seinen Angehörigen und natürlich dem medizinischen Personal. Besonders seine Eltern halfen ihm wieder, Struktur in sein Leben zu bringen, wie er selber sagt.

Über die Selbsthilfegruppe Aphasie und der Selbsthilfegruppe jüngere Behinderte des VdK kam Steffen Marquardt zum Vital Verein, der 2010 gegründet wurde. Hier fand er schnell Anschluss und übernahm erste Aufgaben.
Nachdem der damalige Vorsitzende, Dr. Erich Rieger, sein Amt aus Altersgründen niederlegte, wurde Steffen Marquardt zum Vorsitzenden gewählt. Gemeinsam mit seinem Team, den Mitarbeiterinnen Franziska Borck, Stefanie Wolf und Christine Reinhold, konnte er den Vital Verein in den letzten Jahren weiter ausbauen. Ohne sie wäre vieles nicht umsetzbar gewesen. Auch dafür unseren Dank und unsere Anerkennung. Mittlerweile gibt es über 110 Mitglieder und Außenstellen in Reichenbach, Oelsnitz, Syrau, Klingenthal und Auerbach. Regelmäßig finden Sprechstunden für Betroffene und Angehörige statt, um u.a. Fragen zum Sozialrecht oder zur Akutbehandlung und Rehabilitation zu besprechen, sowie unterstützend bei der Alltagsbewältigung, den Aufbau sozialer Kontakte sowie bei der Vermittlung in Selbsthilfegruppen zu helfen.
Als Träger im Vogtlandkreis ist der Verein für die ergänzende unabhängige Teilhabeberatung zuständig.
Bei den Beratungen und Gesprächen nutzt Steffen Marquardt oft die Möglichkeit, mit Betroffenen und Angehörigen auch über seine eigenen Erfahrungen und über alltägliche Dinge zu sprechen. Und manchmal, sagt Steffen Marquardt, muss man auch einfach nur zuhören, wenn die Leute ihre Gedanken und Ängste loswerden wollen.
Die Angebote des Vereins sind für Betroffene und deren Angehörigen sehr vielfältig. das geht von Tages- und Urlaubsreisen, Aktivtagen wie Grillen an der Pöhl, Wandern, Stammtischen, Malen, Töpfern bis hin zum Chorsingen. Und das Tolle daran ist, es wird keiner weggeschickt. Es erfolgt auch keine Bewertung, das Mitmachen und der Spaß daran zählen. »Spaß ist die beste Therapie«, wie Steffen Marquardt selber sagt.

In Schulprojekten und Vorträgen erfahren Außenstehende, mit dem Thema Schlaganfall und den Folgen umzugehen. Des Weiteren soll durch Aufklärung die Angst vor Begegnungen von Menschen mit und ohne Behinderung abgebaut werden.

Im Gespräch mit ihm habe ich gemerkt, wie sehr ihn diese Aufgabe am Herzen liegt. Nicht nur, dass er mit seinem Lebensmut und seinen Erfahrungen im Umgang mit den Symptomen des Schlaganfalls Betroffene motiviert, wieder am Leben teilzunehmen - er hat auch noch viele Ideen, die er gemeinsam mit seinem Team umsetzen möchte.
Dabei gilt das Motto: Nicht abwarten, sondern ausprobieren. Wie gut das funktioniert, haben das Benefizkonzert für Schlaganfallbetroffene und deren Angehörigen in der Ranch sowie der musikalische Kaffeetratsch im ASPIDA-Pflegecampus gezeigt. Dies waren sehr gelungene Veranstaltungen und die nächste Aktion, eine Fahrradtour, wird schon geplant. An der Umsetzung wird schon fleißig gearbeitet.
Dabei hängt natürlich vieles vom Geld und den Unterstützern ab. Ein umfangreiches Netzwerk, was sich Steffen Marquardt über die Jahre aufgebaut hat, hilft dabei. Ebenso konnte über die »Aktion Mensch« und dem Landesfördermittelprogramm »Lieblingsplätze« schon einige Vorhaben umgesetzt werden.
Dass Steffen Marquardt viele Leute kennt, macht es auch möglich, spontane Aktionen umzusetzen. Erst vor ein paar Tagen organisierte Steffen Marquardt kurzfristig auf Wunsch seiner Nachbarin und weiterer Bewohnern des ASPIDA-Pflegecampus einen Besuch im Bergwerk «Ewiges Leben«. Ein Anruf bei Gert Müller, dem »Herrn der Plauener Unterwelt« genügte, und eine Führung unter Tage wurde ermöglicht. Ich finde, eine tolle Geste - von beiden, und, wie ich erfahren habe, nicht die erste. Beide partizipieren auch von-einander. Mit Hinweisen von Steffen Marquardt wurden bauliche Maßnahmen im Schaubergwerk durchgeführt, so dass auch Menschen mit Behinderung eine Führung »Unter Tage« erleben können.
Erwähnt sei an dieser Stelle, dass Steffen Marquardt im Beirat für Menschen mit Behinderung des Vogtlandkreises und der AG Behinderte in der Stadt Plauen aktiv mitarbeitet. Als Betroffener testet er Dinge, übernimmt bereitwillig Aufgaben und bringt sich mit seinen Erfahrungen ein, was in diesen Gremien sehr geschätzt wird. Die Bevölkerung für dieses Thema zu sensibilisieren, das ist dem Team und Steffen Marquardt ebenso wichtig. Die Betroffenen wollen kein Mitleid, sie wollen am gesellschaftlichen Leben wieder teilhaben. Hier ist die Gesellschaft und Politik in der Verantwortung.

Steffen Marquardt macht mit seiner Lebenseinstellung vor, was möglich ist, wenn man durch einen Schlaganfall aus seinem bisherigen Leben gerissen wird. Er ist damit beispielgebend für andere Betroffene.

Wir wünschen Dir, lieber Steffen Marquardt, und deinem Team im Vital Verein e.V. weiterhin viele gute Ideen, Durchsetzungskraft und Optimismus. Für die Zukunft alles Gute und vielen Dank für euren Einsatz.

Petra Rank
Fraktions-Geschäftsführerin Die Linke.

Laudatio für Ehrenbürger Gert Müller
(es gilt das gesprochene Wort)

Mit Gert Müller verleihen wir heute einem ganz besonderen, einzigartigen und unverwechselbaren Menschen die höchste Auszeichnung unserer Stadt, die Ehrenbürgerwürde der Stadt Plauen.

Nach der Auszeichnung mit der Stadtplakette vor ziemlich genau neun Jahren Ende September 2012 sollen am heutigen Tage die besonderen Verdienste des Auszuzeichnenden um die »Plauener Unterwelten« eine herausragende Würdigung und Anerkennung erfahren.

»Unterwelten«, da mag manch einer/eine, erst recht, wenn er/sie neu nach Plauen gekommen ist oder nur zu Gast hier weilt, erstaunt aufhorchen.
Da mag manch einer mit wohligem Grausen an Erotisch-Anrüchiges oder anderweitig Abenteuerliches denken.
Das mag es in Plauen auch geben.
Gemeint ist aber hier etwas Anderes: Es sind die Schätze, die sich in unserer Stadt »unter Tage«, also unter der Erdoberfläche, befinden und die Gert Müller gemeinsam mit seinen Mitstreitern und Partner gehoben hat, hebt und gewiss auch in Zukunft noch heben wird.

Sein Name ist aber ebenso untrennbar verbunden mit dem Vogtländischen Bergknappenverein zu Plauen. Gert Müller war eines von 12 Gründungsmitgliedern, die den Verein am 17. Januar 1991 aus der Taufe hoben.
Am 2. Dezember 1996 wurde er erstmals zum Vorsitzenden des Vogtländischen Bergknappenvereins gewählt und seither insgesamt zehn Mal in diesem Amt bestätigt.
Dies bedeutet, dass der heute zu Ehrende in wenigen Wochen auf ein Vierteljahrhundert Verantwortung als Vereinsvorsitzender zurückschauen kann.
Dabei betonte und betont Gert Müller immer wieder, dass der Verein nur als Team, im Miteinander vieler engagierter Vereinsfreunde über viele Jahre hinweg agieren und beachtliche Erfolge erreichen konnte und kann.

Wer unter uns und unter Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, in einem Verein ehrenamtliche Arbeit leistet oder schon einmal geleistet hat, der kann indes gewiss nachvollziehen, ...

Und damit noch nicht genug.
Seit dem April des Jahres 2000 gehören die Vogtländischen Bergknappen auch dem Landesverband der Bergknappenvereine an.
Ein Jahr später zählte der Verein zu den Gründungsmitgliedern des Dachverbandes Stadtmarketing Plauen.
Gert Müller selbst wurde 2017 erstmals zum Vorstandsmitglied des Dachverbandes gewählt und im vergangenen Jahr in diesem Amt bestätigt.

Seit dem Jahr 2001 kann Gert Müller auch auf eine weitere Mitgliedschaft verweisen.
Auf vielfältige Art und Weise bereichert er seither die Arbeit der Freunde Plauens.
Der Laudator selbst war im Frühjahr 2016 Augen- und Ohrenzeuge eines interessanten Vortrages über den berühmten Wahl-Vogtländer Eduard Johnson (1840 bis 1903), den Müller im Rahmen der beliebten und stets gut besuchten Vortragsreihe der Freunde Plauens im Arboretum auf dem Friedhof II hielt.

Wer aber ist nun eigentlich der heute zu Ehrende?
Wie ist der bisherige Lebensweg des Gert Müller verlaufen?

Gert Müller wurde am 16. April 1947 in Jocketa geboren.
Er drückte von 1953 bis 1960 die harte Schulbank in der alten Grundschule in Pöhl und besuchte danach bis 1963 die Polytechnische Oberschule »Erich Weinert« in Jocketa.
Anschließend nahm er eine Lehre zum Elektromonteur im VEB Druckmaschinenwerk Plamag in Plauen auf.
Nach deren erfolgreichen Abschluss war Müller von 1966 bis 1974 als Betriebselektriker in der Plamag tätig.

Vieles von dem, was heute unter der Bezeichnung »Plauen unter Tage erleben« weit über die Grenzen der Stadt und des Vogtlandes hinaus als eine echte Marke Bekanntheit erlangt hat, würde es ohne das Wirken und die unermüdlichen Anstrengungen von Müller und seinen wackeren Knappen mit hoher Wahrscheinlichkeit gar nicht geben.

Denke ich an meine Kindheits- und Jugendjahre in der 1970er und 1980er Jahren zurück, so waren die Erkenntnisse über das, was sich in unserer Stadt und der Umgebung unter der Erdoberfläche verbarg, recht überschaubar.
Gewiss, da gab es im nahen Syrau die bekannte Tropfsteinhöhle, die in jedem Atlas der ehemaligen DDR als besondere Sehenswürdigkeit ausgewiesen war.

Aber in Plauen selbst?
Aus Erzählungen meiner Großeltern und meiner Eltern, die als kleine Kinder die Grausamkeiten des Krieges hatten erleben müssen, wusste ich vom Brauereikeller. Dortin waren sie in den letzten Kriegsmonaten 1944 und 1945 bei Fliegeralarm geflüchtet.
Und es sollte wohl einige weitere, kleinere Luftschutzkeller gegeben haben.

Öffentlich zugänglich war der Brauereikeller in all den Jahren vor der Wende von 1989 nicht.
Und manch einer der diese schlimme Zeit er- und überlebte, den zog es auch nicht mehr dorthin.
Persönlich ist mir der Fall einer 1930 geborenen Frau bekannt, die beinahe ihr gesamtes Berufsleben in der Verwaltung der Sternquell-Brauerei verbrachte.
Kein einziges Mal ist sie nach 1945 in diesen Keller zurückgekehrt.

Man hörte wohl, dass einst irgendwo hinter der Bahnhofstraße »in grauer Vorzeit« Alaunschiefer abgebaut worden sein soll. Zu sehen war von alledem so gut wie nichts.

In den 70er Jahren schließlich, als in Plauen die innerstädtischen Verkehrsführungen neu gestaltet wurden, fielen die letzten an der Syrastraße verbliebenen Häuser der Abrissbirne zum Opfer.
Damals kursierten eine Zeit lang recht abenteuerliche Gerüchte in der Stadt. In den Kellern dieser Häuser seien Leichenreste gefunden worden.
Bald darauf wurde es auch hier - am und unterhalb des Schlosshangs - wieder ruhig und man ging »zur Tagesordnung über.

Erst nach 1990 wurden die Plauener »Unterwelten« Stück für Stück erschlossen, nutzbar und erlebbar gemacht.
Dass diese geschehen konnte ist ganz wesentlich Gert Müller und dem Verein der »Vogtländischen Bergknappen zu Plauen e.V.« zu verdanken.

Dem unermüdlichen Wirken Gert Müllers und des Vogtländischen Bergknappenverein über viele Jahre hinweg sind zuvörderst drei ganz wesentliche Projekte zu verdanken, von denen schon jedes für sich allein ein prägendes Alleinstellungsmerkmal unserer Spitzenstadt Plauen darstellt.
Hinzu kommen weitere Einzelprojekte und kleinere Vorhaben.

Zum Ersten sei das Alaunbergwerk »Ewiges Leben« an der Reichstraße genannt.
Hier wurde pünktlich zum »Tag der Sachsen«, der im September 1997 in Plauen stattfand, ein Besucherbergwerk eröffnet.
Und schon drei Jahre später nahmen die Bergknappen mit dem »Tagesschacht« ein 100.000 DM-Projekt in Angriff.
»Da war ja alles verschüttet mit Schutt und Dreck«, erinnert sich Gert Müller an jene Zeit vor mehr als zwei Jahrzehnten.
»Wir haben 30.000 Schubkarren Dreck rausgeschafft und in die Baugrube der damals entstehenden Plauener Kolonnaden gekippt.
Dass dies überhaupt möglich war, ist der ebenso zupackenden wie diplomatischen Art Gert Müllers zu verdanken, der einfach und direkt den Kontakt und das Gespräch mit den damaligen Bauherrn suchte und auf offene Ohren stieß.

Als zweites großes Projekt soll an dieser Stelle das Luftschutzmuseum Meyerhof an der Syrastraße Erwähnung finden.

Drei der ehemaligen Keller der Wohn- und Geschäftsgebäude an der Syrastraße wurde in den 1940er Jahren als städtischer Luftschutzkeller ausgebaut und genutzt. Während der 14 Bombenangriffe 1944/45, die Plauen zu 75 Prozent zerstörten, dienten sie den Menschen als Zufluchtsort. Im Zweiten Weltkrieg wurde ein Großteil der Häuser an der Syrastraße zerstört. Die Keller wurden danach zum Teil noch zu Lagerzwecken genutzt. Die letzten Gebäude riss man 1973 ab.

Gert Müller erinnert sich noch gut an einen Abend im Sommer des Jahres 2000.
»Wir kamen gerade aus dem Urlaub zurück. Da habe ich die Nachricht erhalten, dass an der Syrastraße 40/42 bei vorbereitenden Arbeiten für das Parkdeck der damals im Bau befindlichen Stadtgalerie ein Loch entdeckt worden sei. Ich bin noch am gleichen Abend hin und habe Fotos gemacht.«

Es folgte eine gründliche Analyse des Ist-Zustandes.
Im Originalton von Gert Müller hört sich dies wie folgt an: »2001 haben wir die ganzen zwölf Keller an der Syrastraße befahren. Dann haben wir uns für den Keller an der Syrastraße 10, dem ehemaligen »Meyerhof«, entschieden.«
Dort erfolgte in den nächsten Jahren die Erschließung und anschließend der Ausbau des Luftschutzmuseums.
Dieser Keller, der durch die Bevölkerung in den Kriegsjahren zum Luftschutzkeller ausgebaut und als solcher auch genutzt wurde, wurde in unzähligen Stunden ehrenamtlicher Arbeit beräumt und mit Exponaten aus der Zeit der Bombenangriffe ausgestattet.
Rund 50 Ausstellungsstücke wurden vorwiegend von Plauener Bürgern gespendet, die jene schlimme Zeit persönlich erlebt haben.
Sei es der auf einem groben Holzklotz befestigte Bombensplitter oder die unscheinbare Stabbrandbombe mit ihrer doch so verheerenden Wirkung: Sie hinterlassen bei Besuchern aller Altersgruppen ein Gefühl der Betroffenheit und des Nachdenkens.
Gerade hier wird die Verantwortung deutlich, welche Gert Müller und »seine Bergknappen« bei der Vermittlung historischer Zusammenhänge an die junge Generation wahrnehmen.
Es ist Gert Müller und seinen Mitstreitern von Anfang an ein wichtiges Anliegen gewesen, bei den Besuchern nicht nur ein Gefühl der Betroffenheit auszulösen, sondern auch einen Prozess des Nachdenkens anzuschieben.

An dritter Stelle sei als »kleines, aber feines Projekt« der Zollkeller an der Neundorfer/Ecke Nobelstraße genannt.

Die unmittelbar am heutigen Sparkassengebäude gelegene Kelleranlage wurde durch Gustav Albig um 1910 zur Lagerung von Zollware (Weinlager) genutzt. Das Weinlager muss ganz bedeutend gewesen sein, denn allein in einem Keller lagerten im Jahr 1913 12.000 Flaschen 1904er «Chateau Langoa St.Julien». In den letzten Kriegsjahren als Luftschutzkeller genutzt, boten die Räume zirka 250 bis 300 Menschen Schutz vor den alliierten Bombenabwürfen auf Plauen.

Weitere Projekte und Vorhaben des äußerst umtriebigen und aktiven Plaueners können hier und heute nur angerissen werden und kurze Erwähnung finden, obwohl jedes Einzelne für sich eine ausführliche Erörterung verdient hätte.

Seit der Premiere im Jahre 2006 sind die Bergknappen regelmäßig aktiv an der Plauener »Nacht der Muse(e)n« beteiligt.
Lange Besucherschlangen zeugen hier ebenso wie beim alljährlichen »Tag des offenen Denkmals« von einem riesigen Interesse an »Plauens Unterwelten«, die von Gert Müller und seinen Mannen geweckt und natürlich auch befriedigt werden.
Stichwort Mannen: »Da sind richtige Fachleute darunter, die selbst unter Tage gearbeitet haben«, erzählt Gert Müller.
Stellvertretend für alle seien der ehemalige Steiger Steffen Gebhardt und der ehemalige Hauer Frank Riedel genannt.
Mit Timo Penz sei ein weiterer der zahlreichen aktiven Mitstreiter genannt.
»Er ist gemeinsam mit seiner Familie die gute Seele bei der Durchführung unserer Veranstaltungen«, erzählt Müller.
Und natürlich spielen auch die Frauen eine große Rolle.
Eine davon erwähnt der heute zu Ehrende besonders: Ehefrau Steffi: »Ohne sie ginge das schon lange nicht mehr.«

Die Sommerfeste sind beim Publikum ebenso beliebt wie die Weihnachtsveranstaltungen, bei denen sich das Besucherbergwerk ganz besonders geschmückt präsentiert.

Seit 2006 beteiligen sich die Knappen an der Vorbereitung und Durchführung des beliebten Wichtelumzuges zur Eröffnung des Plauener Weihnachtsmarktes.
Ein Jahr später konnte zum ersten Mal ein Kindergeburtstag »Bergwerksabenteuer« durchgeführt werden.
Bis heute erfreut sich dieses Angebot großer Beliebtheit.
Ebenfalls 2007 fand die 18. Montangeschichtliche Tagung in Plauen statt.
2012 erfolgte die Freilegung des »1860er Kellers«, 2013 jene des »Gräfkellers«.

Gert Müller wurde hier und heute nicht zum ersten Mal geehrt.
Bereits im Juni 2012 wurde er im Rahmen der »Vogtlandinitiative Ehrenamt« ausgezeichnet.
Im Frühherbst des gleichen Jahres erfolgte die Ehrung mit der Stadtplakette der Stadt Plauen.
2016 wurde ihm im Sächsischen Landtag die Ehrenamtsurkunde verliehen.
2020 wurde Gert Müller schließlich zum Sächsischen Bürgerpreis in der Kategorie »Tradition pflegen - Geschichte verstehen« nominiert.

Spätestens an dieser Stelle möchte ich aber eines klarstellen.
Wer da meint, mit der heutigen Verleihung der Ehrenbürgerwürde unserer Stadt werde Gert Müller für sein Lebenswerk geehrt, der liegt zwar einerseits vollkommen richtig, denn dieser Mann hat (gemeinsam mit vielen Partnern) Beachtliches in und für diese unsere Stadt geleistet.
Die Auszeichnung ist aber keinesfalls in der Lesart »Deckel drauf und Ruhe ist« zu verstehen.
Dazu hat Gert Müller noch viel zu viele Pläne, die er in die tat umsetzen möchte und wird.
Eines davon ist die Konzeption »5+ - Substanzerhalt und Restaurierung der Bergkeller im Schlosshang« der Bergknappen.

Fast möchte man sagen, dass sich die heutige Ehrung beinahe folgerichtig einreiht.

Gert Müller hat Bleibendes für die Stadt Plauen geschaffen. Nach der Ehrung mit der Stadtplakette im Jahr 2012 soll die Verleihung der Ehrenbürgerwürde nun im Jahr 2021 wenige Monate vor dem Stadtjubiläum »Plauen 900« als besondere Form der Anerkennung und Würdigung seines hohen ehrenamtlichen Einsatzes erfolgen.