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Ruth Müller-Landauer †

Am 11. Oktober 2019 zeichnete Oberbürgermeister Ralf Oberdorfer während einer Festveranstaltung Ruth Müller-Landauer † mit dem Ehrenbürgerrecht der Stadt Plauen aus. Ruth Müller-Landauer hat sich in besonderem Maße um die Entwicklung der Stadt Plauen und deren Ansehen verdient gemacht.

Ehrenbürgerrecht 2019 - für Ruth Müller-Landauer †

"Ich fühl mich nicht alt", sagt Ruth Müller-Landauer, der verwunderten Unterton zeigt, dass sie überhaupt nicht versteht, wie man das von einer Frau denken kann, die doch gerade erst 90 geworden ist.

1929 wurde sie in Plauen geboren. Schon mit 10 Jahren fing sie im Kinderballett an zu tanzen, war auch Kunstspringerin. Ein Jahr nach dem Ende des Krieges begann sie in Plauen als Tanzschülerin, studierte Gesang. Als Soubrette wechselte 1952 ans Theater Greiz, sechs Jahre später nach Gera. "Allein in Greiz habe ich in 38 Operetten mitgespielt, hatte auch in anderen Sparten verschiedene Rollen", erinnert sie sich und fügt lachend hinzu: "Manches konnte ich aber nicht spielen, weil ich nicht groß genug war."

Dann kehrte Ruth Müller-Landauer mit Familie nach Plauen zurück, hatte für ihre drei Kinder eine Pause. 1970 begann sie, mit Kindern der Friedensschule zu tanzen. "Das war auch für meine Kinder." Es folgten die Vorschultanzgruppe am Theater, die Kindertanzgruppe des Tanzstudios Plauen und 1976 die Tanzgruppe des Arbeitervarietés.

Die Wende brachte zunächst auch Unsicherheit, wie es weitergeht. "Mit meinen Mädchen haben wir dann den Tanzverein 'Vergissmeinnicht' gegründet, um auch mit behinderten Kindern und Jugendlichen zu tanzen", berichtet die einfühlsame Tanzlehrerin. Zwischen 80 und 100 Kinder sind es, die ständig im Verein Spaß finden und vielen Menschen bei verschiedenen Auftritten Freude bereiten. Darüber hinaus werden Jungen und Mädchen in Kindergärten genauso betreut wie ältere Frauen und Männer in Seniorenheimen. Teilweise gehen in Oelsnitz und Plauen die Jungen zu den Alten, um gemeinsam zu tanzen und zu singen. "Das Zusammensein mit anderen, miteinander etwas zu tun, sich zu bewegen, reizt mich immer wieder", bekennt die achtmalige Großmutter und fünffache Urgroßmutter.

Unzählige Male stand sie all die Jahre auf und hinter der Bühne. Besondere Höhepunkte fallen ihr erst nach wenigen Augenblicken ein. "Die Bärbel im Schwarzwaldmädel zum Beispiel oder Christel von der Post im Vogelhändler. Und dann die vogtländische Folklore in Landwüst." Die wurde gemeinsam gestaltet mit den Landlupern, bei denen ihre beiden Söhne den Ton angeben.

Ruth Müller-Landauer kann aber nicht nur mit Tanzen in Verbindung gebracht werden. Sie ist auch durch die Pflege des vogtländischen Brauchtums und der Trachtenmoden weit über ihre Heimatstadt hinaus bekannt. Und da ist ja noch die Neideiteln, die Traditionsfigur, der sie immer wieder gern und temperamentvoll Leben einhaucht - zur Freude des Publikums.

"Das Publikum ist das Wichtigste. Für die Zuschauer strengt man sich an und der Applaus ist das Dankeschön", sagt sie und bekennt, dass sie so auch die Auszeichnung für ihr Lebenswerk als Ehrenbürgerin sieht. Neideitelhaft fügt sie hinzu: "Ich hätte nie gedacht, dass die mal ne Frau genommen haben, zum ersten Mal, und dazu noch mich. Ich kann's immer noch nicht glauben", lacht Ruth Müller-Landauer, eine wirklich ganz große kleine Frau.

Ruth Müller-Landauer ist die erste Ehrenbürgerin unserer Spitzenstadt.

Laudatio für Ehrenbürgerin Ruth Müller-Landauer

Seid fei schee gegrießt ihr Leit, vor allem Du, mei liebe Ruth!

Natürlisch mescht iech ahhh unnern Oberberschermaaster, denn Ralf Oberdorfer begrießn und die ganzen Stadträht, die heit kumme sei, um der Ruth ihre Aufwartung ze machen. Mei Lobred auf unner Ruth Müller-Landauer halt iech heit fei net ner in mein eischnen Name, sunnern ah für mei CDU-Fraktion im Stadtrot un ahh für de Stadtrotskollehng von dor SPD un de Grienen. Wie ihr sett, ho iech miech fei heit extra fer denn Dermin hier in denn besten Sunndichsstoot geworfn, weil unner Ruth nämlich gar net ner de Ruth ist, sonnern ahh de ahnzig echte Neideitln. Nu hoo iech fei kaane eichne Tracht. Abor dor 1. Vuchtlännische Trachtveraa hot mir fix geholfn un do ho iech mich echt gefreit - en schennen Dank an dieser Stell.

Dieses Goar is de Ruth fei schon 90 worn un wo iech geseh ho, dass die mitn Motorrad zur gruesn Fete kam, do war mir fei kloar, des mir mit unnerer künftischn Ehrenbürscherin bestimmt ahh noch ne hundortsten feiern un die do immer noch rumdanzn dutt, als wenn se groad nei ne Jungbrunne gefalln is - halt sue, wie mer se halt kenne, unner Neideitln.

Iesch koa miesch fei gar nimmer sue genau erinnern, wann des woar, wue iesch mit dor Ruth zen ernschtn mol auf aaner Biehne stand. Wenn iech des noch richtich wass, dann woar des irschndwenn 1998 auf em Stodtfest. Do dauchte die Ruth, fesch aageputzt als Neideitln auf, mit lauder klaane Maadle, die auf der Biehne rumgehupft sei, wie wenn se zeviel Cola getrunkn hattn. Aber des hatte scho eweng System, was de Ruth mit denne einstudiert hatte.

Des beste aber woar, dass de Ruth, wie ihre Vorgängerin in dor Plaunor Geschichte, frei raus geredt hot, wie er dor Schnobl gewachsn woar. Un die hat fei wos abgelästert domols - ieber ne Magerkord-Rolf, der ze der Zeit im Stuhl soß, wue heit unner Ralf es Rothaus usischer macht. Die hot geschimpft ieber ne Vorkehr inner Stoad, wue immer Ruete Welle is in Plaue. Bis heit fährt de Ruth nämlich mitn Opel von ihrm Sohn Rainer dursch de Gengd. Un zwar ganz schee flott. Wenn de Leit net fix de Stroß frei machen, dann wettert se fei wie verrickt. Aber des is ja e annersch Dema…. Itze guggn mer mol wenig zurick im Lehm von unnerer Neideitln.

1929 isse geborn wurd, als e Tochder von dor Magdalena Forster ausm Sudetenland und vom Heinrich Landauer, denn es aus Wien in unner scheenes Vugtland getriem hot. Als junger Kerl war der noch ne erschtn Weltkriesch hierher kumme und denn sei Muddor hatte e Wäscherei, die Ruths Papa spädor ah ibernomme hot. Geheirat hamm der Ruth ihre Eldorn erst, als de klaane scho auf dor Welt war. Mit sechse is de Ruth dann nei de katholische Schul an dor Herz Jesu Kerch gange, später musste se nei de Mosen-Schul. Mit zehn Goarn iss dann Elevin worn, beim Kinnerballett am Theater in Plaue. Un sportlich war se ah, de klaane Ruth, als Turmspringerin beim Schwimmverein isse fei egal ganz schie kunstvoll abgedaucht. 1944 hot se siech zegor fer de Deutsche Meisterschaft qualefeziert - konnte aber dann wenig ne Kriesch nimmer dort ahtredn.

Dann gings halt weitor mitn Danzn. Kaum 16 Goar ald isse mit ner Künstlertrupp durchs Vugtland gezogn un hat laudor bunde Abende mitgestaltet. 1946 abor kam dor Durchbruch - Ruth wurde am Plauener Theater als Tanzschülerin aufgenomme un hat dorte fei ihrn spädorn Maa, ne Müllers-Joachim kennegelernt. Vier Goar späor warn die zwaa e Baar un 1952 hot de Ruth ihr geliebtes Theater in Plaue vorlassn un ging als Soubrette nach Greiz. Do isse e rischtischer Schtar worn un als se 1958 ans Geraer Theater gewechselt is, do hamm fei de Greizer se auf der Biehne bein Abschied mit Blumme regelrecht ieberheift.

1959 is dann dor erschte Sohn, dor Uli, geborn worn - und do woar dann erschtemol Schluss mit Danz und Theater. E paar Goar späder hot se dann ne Rainer als zwaates und die Karin als drittes Kind krischt. De zwa Gungs sei spädor ganz schee bekannt worn, weil se Musik bei de Landluper gemacht han. Un de Karin hat eweng des Danzgen von dor Ruth geerbt - die hot bei de "Danzteifl" mitgemacht. Dass ihre Kinner sue musisch worn sei, hot fei ah was mit dor Erziehung ze daa. Alle Kinner, Enkl un Urenkl missen bis heit bei dor Ruth Klavierspieln lerne. Und ihr kennt mer glaahm, de Ruth ist fei e strenge Lehrerin.

Zurieck zer Vita: Sich ner um de Kinner kümmern wullt de Ruth domols ah net, un is zer Schwimmlehrerin worn. 1971 - des woar fei des Goar wu iesch geborn bie - hot se inner Friednsschul de Theater-AG iebernomme un mit de Kinner dort ah eweng gedanzd. Un fünf Goar später hot se im Alten Milchhof in der Reichenbacher Strooß de Juchenddanzgrupp vom Arbeitervarieté gegrindet. Dort hamm se dann zen ersten Mol alle gedanzd, de Kinner, de Danzteifl, de Vorschulkinner un ah de Mitglieder vunne Danzstudio. Dass se alles des machen kunnt, wie se sich des vorgestellt hot, verdankt se ah ihrm Maa, dem Joachim, der ihr die ganze Zeit ieber als Kaufmaa im Textilgroßhannel wirtschaftlich ne Rickn freiholtn kunnt. Dess de Ruth e echtes Stehaufmännel is, musste se Mitte dor Achtzscher Goar zeign - do hatt se e schwere Krebserkrankung durchgestandn. Traurig war se ah, als dor Rainer un de Karin dann Ende der 80-er de DDR verlassn hamm, weil se so ohne Freiheit nimmer hamm lehm wulln. De Ruth selber woar in dor DDR itze kaa Revoluzzerin, is aber scho immer selbstbewusst wie mer se kenne, ihre Weesch gange. Un die warn mit viel Freid am Danzn un dem Asinne, dem Publikum Freid ze bereitn, gepflastort.

Dann kam de Wende un scho 1990 hot de Ruth ihr eischne Kinner- un Jugenddanzgruppe gegrindet, die es bis heit gibt un die den Leitn wahnsinnisch viel Freid gemacht hat. De Red is vom Vergissmeinischt-Verein. Do danzn bis heit ungefähr hundert Kinner un Frauen, darunner sin aah 28 Behinnerte vunner Elterninitiative. Bis heit stett se Mondooch bis Freitooch mit ihrn Mitgliedorn in dor Turnhall un trainiert mit denne. Dorzu iss se aahmol im Monad bei zwaa Kinnergärdn undorweschs un besucht mit denn Kinnern e paar Senioren im Altenheim - in Plaue un in Elsnitz. Dort danzn se dann alle zesamm - de Kinner, de altn Leit un de Ruth ahh. Wenn mor mal zammfassn wulln: Unner Ruth Müller-Landauer is fei bis heit ganz schee umtriebisch. De Familie un des Danzn warn immer dor Antrieb fer unner "Neideitln".

Nu kenne mer se also ganz guet, die Fraa, die heit in ihrer Stoodt de allorerschte Ehrenbürscherin werd. Desserderwehng will iesch itze noch mal kurz erzähln, woas iech noch fer ne Verbindung ze ihr ho. Meine zwaaa Maadle ham bei dor Ruth vor ieber 15 Goarn ah emol gedanzd. Als klaane Haasle ho iech die domools nei de Sporthall vunn dor Friedensschul geschafft. Do hatt de Ruth fei ganz schee is Zeptor geschwunge un lautstark Aweisung gehm. "Erste Position und Plié", klingt es mir bis heit inne Ohrn.

Un wenn ahne von de Maadle mal aus dor Reih gedanzd is, do hat se fei selber nochemol vorgemacht wies rischdisch gett. Do hamm de Maadle aber alle grueße Aaangh gemacht, des kenne Se wissn. Besonners schee wars immer, wenn iech de Ruth bei ne Stadtfestn getroffn ho. Do kam se dann - ganz oft als Neideitln aahgeputz - mit ihre Kinner un die hamm fei viele scheene vuuchtländische und ausländische Dänze vorgefiehrt. Des war immer sue schee, das de Plauener kräftisch applaudiert hamm. Zen Schluss hatt se dann ganz oft, noch e Lied aahgestimmt. Und des woar "Dor Vuuchelbeerbaam" und iech will Sie und Eich, liebe Leit, heit hier bittn, für unnere "Neidetln", de Ehrenbürscherin Ruth Müller-Landauer genau des Lied itze zum Schluss meiner Reed miet eizestimme…auf getts…

Ingo Eckardt
Fraktion CDU

Hinweis: Es gilt das gesprochene Wort.

11.10.2019