Inhalt

Stadtplakettenverleihung 2020

Stadtplakette der Stadt Plauen an: Gerd Naumann

Bei der Festveranstaltung am 9. Oktober 2020 in der Galerie des Malzhauses zeichnete Oberbürgermeister Ralf Oberdorfer Gerd Naumann mit der Stadtplakette der Stadt Plauen aus. Anfang des Jahres reichten die Fraktionen ihre Vorschläge mit entsprechender Begründung ein, der Stadtrat der Stadt Plauen hat dann am 7. Juli in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen, Gerd Naumann, mit der zweithöchsten Ehrung der Stadt Plauen zu würdigen. Gerd Naumann hat sich in besonderem Maße um die Entwicklung der Stadt Plauen, deren Ansehen oder das Wohl ihrer Bürger verdient gemacht.

Hohe Auszeichnung für Gerd Naumann

Er ist bekannt als Geschichtsexperte für die Region. Seit Juli 2019 ist Gerd Naumann im Ruhestand, bis dahin arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Vogtlandmuseum. Zahlreiche Ausstellungen trugen seine Handschrift, so "Plauen im Bombenkrieg", zu der 2010 ein Buch erschienen ist. Er veröffentlichte wissenschaftliche Arbeiten, arbeitete als Experte an verschiedensten Geschichtsprojekten mit, wie an der Filmdokumentation "Codename Brisling", in der über den Bombenkrieg berichtet wird. Er ist Vorstand der International Submarine Connection Plauen U-156 e.V. und aktiv im Verein Vogtland ´89.

Daneben war Gerd Naumann Mitglied des Vorstandes des Vereins der Freunde und Förderer des Vogtlandmuseums und ist Mitglied und Co-Autor der Jahresschriften des Vereins für Vogtländische Geschichte und Landeskunde. Er hat Bücher über die Geschichte Plauens und des Vogtlandes verfasst, unter anderem "Plauen im Vogtland 1933 - 1945", "Plauen im Bombenkrieg 1944/45" und "Plauen und Umgebung von oben - historische Luftaufnahmen von 1928". Darüber hinaus ist er Mitautor des Buches "Das Kriegsende in Sachsen 1945", Band 20 der Chemnitzer Europastudien. Außerdem arbeitet er am Buchprojekt zur 900-Jahrfeier Plauens mit.

Die Stadtplakette der Stadt Plauen wird verliehen an Persönlichkeiten, die sich in besonderem Maße um die Entwicklung der Stadt Plauen, deren Ansehen oder das Wohl ihrer Bürger verdient gemacht haben oder dafür tätig gewesen sind. Die Modalitäten sind geregelt in der "Satzung über die Ehrung verdienter Persönlichkeiten durch die Stadt Plauen". Vorschlagsberechtigt für Ehrungen nach dieser Satzung sind der Oberbürgermeister und die Stadtratsfraktionen. Über die Verleihung der Ehrungen entscheidet der Stadtrat in nichtöffentlicher Sitzung. Die Beschlüsse bedürfen einer Mehrheit von zwei Dritteln aller anwesenden Mitglieder.

Laudatio auf Gerd Naumann

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Festgäste, sehr geehrter Herr Naumann, lieber Gerd,

ich freue mich, dass wir trotz der Corona Pandemie heute dieses schöne und wichtige Ereignis, die Verleihung der Stadtplakette, feiern dürfen. Ich freue mich ganz besonders, dass heute einige Stadtplakettenträger, unser Oberbürgermeister, unsere Bürgermeister, meine Kollegen aus dem Stadtrat und natürlich viele Plauener Bürger dieser Veranstaltung mit ihrem Kommen einen würdigen Rahmen geben. Was mich aber ganz besonders erfreut ist, dass wir heute Gäste und Freunde aus dem Süden Tirols begrüßen dürfen. Ich heiße die Landtagsabgeordnete a.D. aus dem Südtiroler Landtag, Frau Dr. Eva Klotz, und den Ehrenlandeskommandanten der Südtiroler Schützen, Herrn Major Elmar Taler, in unserer Stadt willkommen.

Für mich ist es immer eine große Freude und Ehre, wenn ich für die auszuzeichnenden Stadtplakettenträgern die Laudatio halten darf. Vor allem das persönliche Kennenlernen und Gespräch im Vorfeld sind immer eine sehr tiefgreifende Erfahrung. Man lernt dadurch die Umstände und Beweggründe für das engagierte ehrenamtliche Handeln und die Persönlichkeit näher kennen. Wenn man aber, wie im heutigen Fall, die Laudatio für einen Freund halten darf, dann ist dies ein ganz besonderer Moment.

Lieber Gerd, deine Passion ist die Geschichte und die damit verbundene Aufarbeitung bereits vergangener politischer Ereignisse und Entscheidungen. Du hast deinen Beruf oder sagen wir deine Berufung mit hinein ins Ehrenamt genommen und engagierst dich dabei in verschieden Vereinen wie zum Beispiel dem Verein Vogtland 89 oder der ISCP sowie dem Förderverein des Vogtlandmuseums. Dir geht es dabei nicht vordergründig um das verharren im Gestern, sondern um die objektive Erforschung historischer Zusammenhänge und die damit verbundene Schlussfolgerung, Lehren für die Gegenwart zu ziehen. Wenn man gerade die gesellschaftspolitische Entwicklung der Gegenwart betrachtet, dann ist dies nötiger denn je.

Wie kam es dazu, dass du dein Leben und dein Wirken der Geschichte verschrieben hast. Du wurdest 1955 in Leipzig geboren. Deine Kindheit war von einem behüteten Elternhaus geprägt, deine Mutter war sanftmütig. Der Vater gerecht, aber er forderte einen gewissen gesunden Ehrgeiz und einen kritischen und hinterfragenden Geist in dir. Er selbst litt unter den permanenten kommunistisch indoktrinierten Druck des SED-Regimes. Für deinen Bruder und dich war die Familie jedoch ein festes Fundament. Deine Schulzeit war eine eigentlich ganz normale DDR-Schulzeit, wenn da nicht Lehrer gewesen wären, die sich dem damaligen Zeitgeist nicht ergeben hätten. Genau diese Pädagogen und die gab es Gott sei Dank auch in der DDR, lehrten dich die Geschichte objektiv zu evaluieren und Kunst sowie Kultur aus einer bürgerlich konservativen Perspektive zu betrachten. Du hast mir dabei ein sehr prägendes Ereignis geschildert, es war ein Besuch mit der Musiklehrerin im Weihnachtsoratorium in der Thomaskirche. In solchen Momenten entdecktest du auch eine innere Suche nach Religiosität, die Suche nach Gott in dir. Gefunden hast du aber erst viel später zu deinem Glauben.

Die entdeckte Liebe zur Historie weckte in dir den Wunsch zu Studium dieser Wissenschaft. Ohne einen Zwang zum 3-jährigen Militärdienst in der NVA war dies im Arbeiter- und Bauerstaat aber leider nicht möglich. Du hast mir diese Zeit als absolut verschenkte Lebenszeit geschildert und mir erzählt, dass dadurch die Ablehnung zur DDR immer größer wurde. Von 1977 bis 1980 studiertest du in Leipzig Museologie. Eine erste Anstellung fandest du in der historischen Abteilung des Georgi-Dimitroff-Museums in deiner Geburtsstadt, wo du Zugang zu differenzierter westlicher Fachliteratur erlangtest. Mit dem geschärften Bewusstsein, Geschichte immer neutral und im Kontext der jeweiligen Epoche zu betrachten, wurdest du Dozent an der Fachschule für Museologie lerntest dabei eine Plauenerin kennen und kamst somit 1988 ins Vogtland. Wie ich finde, ist dies bis heute ein Gewinn für unsere Stadt. In dieser Zeit lernten auch wir uns kennen, denn auch ich interessiere mich von jeher für Geschichte und du gabst mir als jungen Burschen innerhalb einer Geschichts-AG, heute würde man von einem Ganztagsangebot sprechen, Einblick in die Jahre der frühen dreißiger des letzten Jahrhunderts. Das spannende war, dass du die stadtspezifische Geschichte erläutert hast. Dein Fachgebiet war die komplexe Auseinandersetzung mit der Diktatur der Nazis. Genau über diese Zeitepoche hast du beachtungswerte Publikationen verfasst. Somit wird klar und verständlich, welche Rolle unsere Heimatstadt im Dritten Reich spielte und warum es zu der verheerenden Zerstörung 1945 kam.

Durch deine wissenschaftliche Eruierung bezüglich der Jahre 1933 bis 1945 wurdest du auf eine Plauener Persönlichkeit aufmerksam, die in den Geschichtsbüchern der DDR nicht vorkam. Werner Hartenstein. Wir kennen die Biografie des Plaueners, sein Handeln in einer Ausnahmesituation, wo es um Leben und Tod ging, wurde in einem bemerkenswerten Film verarbeitet. Und du hast hinter die Fassade des Offiziers geschaut und dich gegen alle verurteilenden Zeitgenossen gestellt. Denn wir wissen durchaus, dass Werner Hartenstein polarisierte. Dir ging es um die menschliche Geste oder sagen wir Größe, Hartenstein rettete entgegen eines Befehls Menschenleben und riskierte damit selbst erschossen zu werden. Die Rettungsaktion des Werner Hartensteins verbindet noch heute Menschen in vielen Teilen der Welt. Aus ehemaligen Feinden sind Freunde geworden. Genau dies ist dein Anliegen und ehrenamtliches Bemühen. Du setzt dich innerhalb des Vereins ISCP für die Völkerverständigung ein und sendest somit ein Signal des Friedens und der Versöhnung in die Welt. Und das aus unserer Stadt Plauen.

Dein Engagement für die Etablierung der Nagelkreuzgemeinde in unserer Stadt ist ebenfalls ein Beispiel dafür. Über dein berufliches Wirken hinaus hast du in vielen ehrenamtlichen Stunden daran gearbeitet, auch die bitterste Stunde in unserer Stadtgeschichte zu erforschen, darüber zu publizieren und wiederrum die einzelnen menschlichen Schicksale in den Fokus zu richten. Dir ging es dabei darum, die vielen kleinen, oft sehr berührenden persönlichen Geschichten zu erzählen. Nun nach dem Kriege verlor Plauen immer mehr an internationaler Bedeutung und so fristete unsere Stadt leider ein karges Dasein am Rande der russischen Besatzungszone. Dies änderte sich erst als die Menschen im Oktober 1989 ihren Wunsch nach Freiheit auf die Straßen unserer Stadt brachten und hier bei uns die Friedliche Revolution begann. Um diese Geschehnisse nicht zu vergessen, bringst du dich wiederum aktiv für die Etablierung einer lebendigen und konzeptionell klugen Erinnerungskultur ein. Dein Sachverstand wird dabei von uns Politikern, aber auch von deinen Vorstandskollegen des Vereins Vogtland 89 geschätzt. Und wir haben dabei ein gemeinsames Ziel, das Ziel heißt die herausragende Rolle Plauens im Hinblick auf die Ereignisse des Herbstes 89 besser darzustellen.

Lieber Gerd, seit einer gemeinsamen Reise, die wir mit Prof. Dr. Lutz Kowalzick und unseren Gattinnen erlebt haben, sind wir Freunde geworden. Wir sind gemeinsam im Süden Tirols gewesen und haben dort die Menschen kennengelernt und auch wir haben uns gut kennengelernt. Aber was wollten wir in diesem wunderschönen Land? Zwischen dem Vogtland und Tirol besteht eine Verbindung, die hierzulande leider niemand so richtig kennt. Auch hier bringst du dich wiederum ehrenamtlich ein, um gegen das Geschichtsvergessen etwas zu tun. Der Dichter der Tiroler Landeshymne ist ein Vogtländer, der in Plauen viele Jahre gelebt hat. Julius Mosen - sein Denkmal steht im Zentrum unserer Stadt. In den Zeilen dieser Landeshymne geht es um die Freiheit des Tiroler Landes.

Im Mittelpunkt steht der Landesheld, Andreas Hofer. Ein Kämpfer für Gerechtigkeit und gegen die Unterdrückung seiner Landsleute im Freiheitskampf 1809. Dieser Kampf um Gerechtigkeit und Freiheit ist heute immer noch aktuell, denn die Tiroler im Süden des Landes leiden heute noch an den Folgen des Ersten Weltkriegs. Durch Tirol geht eine Grenze, genau wie die Grenze die unser Land 40 Jahre getrennt hat. Die Innerdeutsche Grenze ist Gott sei Dank Geschichte. Die Teilung Tirols ist aber leider noch immer nicht überwunden. Lieber Gerd, auch im Südtiroler Schützenbund bist du ehrenamtlich aktiv. Du hast vielen Jugendlichen aus deiner Heimat ermöglicht, das Land Tirol kennen zu lernen, du hast vielen Tirolern die Möglichkeit gegeben, unsere Heimat kennen zu lernen und damit wieder beigetragen, dass sich Menschen in Europa besser verstehen und aufeinander zugehen. An dieser Stelle bist du ehrenamtlich als Botschafter Plauens und des Vogtlandes aktiv.

Lieber Gerd, du trägst dazu bei, Geschichte lebendig zu machen, Geschichte nicht zu vergessen, Lehren daraus zu ziehen und objektiv zu betrachten. Dein größter Verdienst ist es aber, Menschen miteinander zu verbinden, Grenzen in den Köpfen abzubauen und Frieden und Versöhnung zu stiften. Dafür danken wir dir an dieser Stelle und es ist uns eine Freude und Ehre dich mit der Stadtplakette der Stadt Plauen auszuzeichnen. Ich danke dir im Namen des Stadtrates der Stadt Plauen für dein ehrenamtliches Engagement und wünsche dir beste Gesundheit und Gottes Segen.


Es gilt das gesprochene Wort. Gehalten wurde die Laudatio vom Vorsitzenden der CDU-Fraktion im Plauener Stadtrat, Jörg Schmidt.

09.10.2020