Vergessene Kunst: Restaurierung einer Mauer an der Friedensstraße
Auf der Friedensstraße in Plauen befindet sich ein Kunstwerk aus der DDR: Eine rund 29 Meter lange Mauer, bestehend aus 332 Formsteinen in zwölf verschiedenen Grundformen. Entworfen wurde sie von den bekannten Künstlern Karl-Heinz Adler und Friedrich Kracht, von denen auch das großflächige Wandbild im Eingangsbereich des Neuen Rathauses stammt. Eine Bestandsaufnahme der Wüstenrot Stiftung von 2022 zeigt, dass die Mauer an der Friedensstraße unter den Jahrzehnten gelitten hat. Witterungseinflüsse, Graffiti und Moos haben ihre Spuren hinterlassen. Risse und Korrosionsschäden beeinträchtigen die Substanz des Kunstwerks. Jetzt wird sie restauriert, die Arbeiten begannen in der 34. Kalenderwoche und sollen voraussichtlich bis Ende September abgeschlossen werden. Ermöglicht wird die Restaurierung durch Finanzmittel der Wüstenrot Stiftung in Höhe von 31.000 Euro. Dank dieser Unterstützung kann ein weiteres Stück Plauener Geschichte vor dem Verfall gerettet werden.
Diplom Restaurator Michael Eilenberger aus Holzhau im Erzgebirge, der den Künstler Karl-Heinz Adler persönlich kannte, erklärt: „Zunächst werden wir die Mauer von Verschmutzungen und losen Fugenanteilen befreien, um den Erhaltungszustand genauer beurteilen zu können. Anschließend werden die durch Korrosionsschäden freiliegenden Bewehrungsstäbe entrostet und mit einem mineralischen Korrosionsschutzanstrich versehen. Nun können die fast 400 Risse und Fehlstellen mit einem Betonersatzmörtel wieder verschlossen werden. Dabei versuchen wir, das Original-Material so gut wie möglich zu erhalten und eine einheitliche Struktur zu schaffen. Abschließend erfolgt die Sanierung der fast 150 Meter Fugen, die farbige Angleichung der Betonergänzungen und eine konservierende Schlussbehandlung der Formsteinoberflächen.“
Eine ähnliche Formsteinwand findet sich am Tierpark Berlin sowie auf der Leipziger Straße in Wien. Die Wand in Plauen lässt sich in zwölf Grundformen und deren zahlreiche Variationen zerlegen, darunter V-Formen, Viertelkreisformen und gebogene Spitzen. Für diese Art der Wandgestaltung wurde ein Patent von Adler und Kracht erstellt.
„Beide Künstler entwickelten nach der Überführung des seriellen Betonformsteinsystems in die industrielle Produktion ab 1972 über einhundert verschiedene plastische freistehende Mauern und Fassadengestaltungen in der DDR“, so Dagmar Groß von der Unteren Denkmalbehörde.
Für die Produktionsgenossenschaft bildender Künstler – Kunst am Bau – wurde die Plauener Mauer 1974 in einem Katalog aufgeführt und erklärt. Hergestellt in Berlin, bilden die Betonformsteine im Format 600 mal 600 Millimeter einen Sichtschutz für die dahinterliegenden Garagen.
„Hergestellt wurden die Formsteine im Betongussverfahren. Um eine höhere Festigkeit zu erreichen wurden die Formsteine mit Bewehrungsstäben armiert. Hierin liegt das Problem, denn Bewehrungsstäbe weisen an vielen Stellen eine zu geringe Betondeckung auf. Chemische Veränderungen im Beton haben schlussendlich zur Korrosion der Stähle und damit zu Schäden wie Abplatzungen und Rissen geführt. Besonders ist, dass die Farbe des Fugenmörtels vermutlich Teil des Konzepts ist. Die beige Farbe des Fugenmörtels hebt sich deutlich vom Betongrau der Formsteine ab und betont so das verbindende Fugennetz“, informiert Restaurator Michael Eilenberger.
Die Kunstform der modularen Betonformsteinwand erlebte in den 1960er und 1970er Jahren in der DDR einen Boom. Neben Adler und Kracht waren Künstler wie Siegfried Tschierschky und Hubert Schiefelbein maßgeblich an dieser Entwicklung beteiligt. Die ornamentalen Formsteinwände dienten als Kontraste zu den Plattenbauten und wurden häufig in Außenanlagen eingesetzt. Die oft asymmetrische Ausführung der Steine verleiht den Wänden eine lebendige und dynamische Optik.