Vom Glanz der Plauener Stadtvillen
Autor Andreas Stephan blickt in seinem neuen Buch auf und hinter die Fassaden
Es ist der besondere Charme, den die herrschaftlichen Villen aus Plauens Gründerzeiten ausstrahlen und die Geschichten drumherum, die Andreas Stephan faszinieren. Aktuell arbeitet der Geschäftsführer der Maler Plauen GmbH an seinem neuen Buch „Plauener Stadtvillen und der Blick hinter die Fassade“. Was ihn antreibt: „Es ist wichtig, dass die Identität Plauens erhalten bleibt.“ Der Boom der Spitzen- und Stickerei-Industrie katapultierte die Stadt wie Phönix aus der Asche in wenigen Jahren nach ganz oben. Beim Blick zurück geht dem 50-Jährigen das Herz auf. „Wir haben mal in der ersten Liga mitgespielt.“ In ihrer meisterhaften Ausführung sind die imposanten Bauwerke steinerne Zeitzeugen jener Ära. Die majestätisch anmutenden Balkone, Erker und Türmchen der Prachtbauten haben etwas zu erzählen. Das macht die Sache für den Malermeister, der in seinem Betrieb alle Stationen vom Lehrling bis zum Geschäftsführer durchlief, in der Gesamtbetrachtung umso spannender. Sichtbare Stadtgeschichte, die für Plauens Wirtschaftswunderjahre stehen, weckte seine Neugier. „Damals entstand vieles aus eigener Kraft.“ Wer lebte in den Häusern, die oft von parkähnlich angelegten Gärten umgeben sind? Auf 250 Seiten gibt es Antworten.
Auf Spurensuche im Stadtarchiv und bei den Freunden Plauens
Im historischen Kontext fließen Firmen- und Familiengeschichten zusammen. „Die Idee, alles in ein Buch zu packen, ist allmählich gereift“, verriet Stephan, der auch Mitglied im Verein der Freunde Plauens ist. Unter Gleichgesinnten ergaben sich weitere Querverbindungen zu den herrschaftlichen Häusern mit ihren großzügigen Anlagen. Die ehemaligen Bewohner waren deutschlandweit bekannte Persönlichkeiten, die zum Club der Millionäre gehörten. Bei den Mitarbeitern im Stadtarchiv ist der Spitzenstädter kein Unbekannter. Um die Villen-Standorte in Plauen herauszufinden, ließ er sich bereits Anfang der 2000-er Jahre den Stadtplan von 1912 ausdrucken. Im Ergebnis der Recherchen entstanden Listen mit Bauherren, Architekten und Informationen rund um die Erbauung der luxuriösen Gebäude. Gespräche mit Eigentümern der Immobilien brachten noch mehr Dinge ans Licht. Seine Verbundenheit zur Stadt zeigte sich in der Vergangenheit insbesondere zum Tag des offenen Denkmals. Zu diesen speziellen Events mit den nicht alltäglichen Einblicken führte er Besucher zu den Villen und Geschäftshäusern, die von der Blütezeit Plauens künden. „Die Leute waren jedes Mal von der Schönheit der Gebäude überwältigt.“ Die Villen-Geschichten handeln aber auch vom Niedergang durch Kriege und Inflation. In Krisenzeiten änderten sich die Verhältnisse. Plötzlich wohnten hier mehrere Familien unter einem Dach. Zu DDR-Zeiten wurden die Gebäude mit ihren vielen Räumen auch gern zu Kindereinrichtungen umfunktioniert.
Inspiration durch malerische Momente
Die Bausubstanz aus den Gründerjahren interessierte den Autor seit den 1990-er Jahren. Es waren die Aufbruch-Jahre in eine neue Zeit, als die Stadt nach der politischen Wende kräftig durchgelüftet wurde. Als Malerlehrling ging der heutige Geschäftsführer mit offenen Augen auf Entdeckungstour. Bei seinen Exkursionen war die Foto-Kamera immer mit dabei. So entstanden bis heute um die 15.000 Fotos. Sie dokumentieren vieles, was zum Teil nicht mehr existiert. Der gelernte Maler hat die aufregende Zeit in seinem Gedächtnis konserviert. „Heute nennt man das Lost Places.“ Viele Jahre arbeiteten Mitarbeiter der Maler GmbH Plauen in Bauobjekten, die der aus Düsseldorf stammende Baulöwe Frank Müller sanierte. „Bevor es richtig losging, habe ich die Schlüssel bekommen“ plauderte Stephan aus dem Nähkästchen. Es handelte sich um Bauten, die auch unter denkmalpflegerischen Aspekten relevant waren. Davon ließ sich der unermüdliche Spurensucher inspirieren. Seit 2009 gab das Unternehmen für die Kunden einen Jahreskalender voller Impressionen und malerischer Momente heraus. „Einiges davon fließt ins Buch mit ein.“ Unter dem Titel „Fassaden, Räume, Rückblicke“ gab Stephan bereits zwei Broschüren heraus. Mit Blick auf die textilindustrielle Vergangenheit der Stadt setzt der Chef des Malerbetriebs bewusst auf neue Impulse für die Spitzenstadt. Beim Wettbewerb zur Namensfindung des neuen Textilmuseums im Weisbachschen Haus kam die zündende Idee aus seinem Büroumfeld: Der Vorschlag, den aufwendig sanierten Gebäudekomplex an der Bleichstraße „Fabrik der Fäden“ zu nennen, kam bei der Jury am besten an.
Mit dem Blick zurück will der Buchautor die junge Generation ermutigen, den Faden erfolgreicher Plauener Textilgeschichte mit neuen Ideen weiterzuspinnen.